„Die Apfelbäume tragen zu viel“,
sagte meine Mutter. „Wir ersticken in Äpfeln. Kein Mensch kann das essen.“ Sie
klagte ihr Leid dem Gärtner, der nickte verständig und schnitt die Bäume
zurück. Richtig weit zurück, vergleichbar vielleicht mit einem Bürstenhaarschnitt.
Nun trugen sie ernste Gesichter. Der Nachbar kam und lobte die Form:
„Wunderbar! Ein Kunstwerk! Ein Vergnügen, die Bäume anzusehen.“ Er bleibe oft
am Zaun stehen und schaue sie nur an.
Die Bäume trieben aus, die
Witterung in dem Jahr war günstig, sie wuchsen zu rundkronigen, grünen
Schönheiten heran, die eine überschaubare Ernte lieferten. Meine Mutter war
zufrieden. Sie behielt den Gärtner, bis der seine Preise im Laufe der Jahre so
weit erhöht hatte, dass sie erwog, die Bäume fällen zu lassen, um die Kosten zu
sparen, und sich schließlich zu einem anderen Gärtner überreden ließ. Der war
nicht nur deutlich preiswerter, er schnitt die Bäume auch anders. Die Äste
blieben, nur den einen oder anderen kürzte er oder entfernte ihn ganz, wenn er
krank war. Etliche der Wassertriebe blieben stehen. Irgendwie sahen die Bäume
unordentlich aus, schlecht frisiert, sozusagen. Meine Mutter meinte spitz: „Na
ja, war ja auch viel billiger.“ Der Nachbar stand am Zaun und schüttelte
vorwurfsvoll den Kopf, schwieg aber taktvoll. Er blieb nicht mehr stehen, nur
um zu schauen. Die Bäume trieben aus, wurden üppig, die langen Triebe hingen
tief, trugen reichlich Frucht. Wir stützten, wo wir konnten und aßen uns durch
die Apfelberge.
Im nächsten Jahr kam der Gärtner
wieder – er war ja preiswert – und schnitt erneut nach seiner Art. Ich fragte
ihn.
„Die Krone des Baumes muss seinem
Wurzelgeflecht entsprechen. Diese Bäume sind alt, sie haben weite Wurzeln. Wenn
wieder genug Krone da ist, kann ich auch die Wassertriebe entfernen…nächstes
Jahr vielleicht.“
Die Bäume sahen obenherum wieder
etwas wirr aus; sie trugen, was sie tragen wollten. Aber seitdem lächeln die
Bäume wieder.
3x Apfelblüte, lyrisch:
Apfelblütenträume,
Rosig angehauchte Schäume,
Schweben zwischen Grün und Blau,
Hingetupft, so kitschig-schön,
Dass ich selbst wie sie erröte.
Rosig angehauchte Schäume,
Schweben zwischen Grün und Blau,
Hingetupft, so kitschig-schön,
Dass ich selbst wie sie erröte.
Apfelblütenträume,
Über saftig grüner Weide,
Und im blumenbunten Gras
Zufrieden eine Pferdeherde,
Die sich auf die Ernte freut.
Über saftig grüner Weide,
Und im blumenbunten Gras
Zufrieden eine Pferdeherde,
Die sich auf die Ernte freut.
Rosig angehauchte Wolken
Schweben zwischen Grün und Blau,
Wiegen federn sich im Wind,
Widerstehen noch zwei Tage,
Treiben leicht, wie Träume sind,
Blasser werdend, hin zur Erde.
Schweben zwischen Grün und Blau,
Wiegen federn sich im Wind,
Widerstehen noch zwei Tage,
Treiben leicht, wie Träume sind,
Blasser werdend, hin zur Erde.
Und nur ein schmutzig-weißer Schaum
Erinnert an den Blütentraum.
Erinnert an den Blütentraum.
Sonja Meier
17.03.19
17.03.19