„No, der Mensch muss net olles auf amol begehr`n.“
Deine Gelassenheit möchte ich haben, mein Freund Nestroy.
Es wäre so schön gewesen, die hochgelobte Vorstellung im
Burgtheater, novemberadäquat eingeleitet mit:
„O lieb, solang du lieben kannst! Es kommt der Tag, es kommt
der Tag, da du an Gräbern stehst und klagst!“
Karten wären noch zu haben gewesen, aber kein Zimmer mehr im
einzig möglichen Hotel im ersten Bezirk.
„Das erste Adventswochenende, gnä`Frau!“
Da ist sie, die Novemberstimmung.
Hätte zwar zu Wien gepasst, der echte Wiener neigt
bekanntlich zum Pessimismus, aber hier war echte Vorfreude im Spiel gewesen und
die Enttäuschung über den vereitelten Kurzurlaub schlägt prompt auf den Magen.
Also schnell zum Chinesen, mir schmeckt heute sowieso
nichts.
Engstehende Tische im gut besuchten Lokal, die unverkennbar
fränkische Damenriege am Nebentisch gibt Philosophisches zu Besten:
„Im Le`m kummts halt su oder su.“
Auch das noch!
Heißmann und Rassau wären begeistert, ich wünsche mich weit
weg.
Aber was höre ich jetzt?
Am Tisch hinter mir ertönt eine singende, weiche Stimme,
unaufdringlich gedehnte Wörter mit einer deutlichen Absenkung am Satzende.
„Und der Onkel is eh scho gschdurm…
Wer soll si da um olles kümmern?
Dös Grab vo die Öltern, vo der Kathi-Tant`und vom Josef.“
Die gute Laune kehrt zurück.
Eines der Lieblingsthemen des Wieners –„ Der Tod, das muss
ein Wiener sein“- präsentiert im Tonfall des Helmut Qualtinger selig.
„I glabs net, dass die Söhl entweder in`Himmel auffisteigt
oder in die Höll obifahrt.“
„Is doch eh a Schmarrn!“
Dös ham`s uns aber im Röligionsunterricht erzöhlt.“
„Auffm Zentralfriedhof derf jetzt wieder g`jagt wern.“
Damit die Hasen, Fasane und anderes Kleinwild, das den
Gräberschmuck aufzufressen droht, nicht überhand nehmen.
„Fressen ja olles zam, die Gfraster!“
Der Mann am Nebentisch hat zwar nicht die Statur, aber den
frappierend identischen Stimmklang des Helmut Qualtinger, der in einem seiner
„schwarzen Lieder“ mit einem Sträußerl Lavendel „aussi“
fährt zum Zentralfriedhof, dem zwei Quadratkilometer großen
Areal im elften Gemeindebezirk,
halb so groß wie Zürich, aber doppelt so lustig.
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